Designgeschichte(n)
Tisch Feldmark – GROSSVATERS ERBE
Was machen, wenn man ein Fest feiern will, aber der passende Tisch dazu fehlt. Man baut ihn. Ganz einfach. Zumindest, wenn man Roland Graf heißt und seine Kindheit in der inspirierenden Werkstatt des Großvaters verbracht hat.




Dass dabei trotz aller Einfachheit nicht irgendein Tisch entstanden ist, dürfte klar sein. Denn gerade in der Vereinfachung liegt bekanntlich die größte Komplexität. Was FELDMARK so besonders macht, ganz abgesehen von seiner wilden, ursprünglichen Schönheit, sind seine materielle Reduziertheit und seine tatsächlich simple Konstruktion. Denn der massive Holztisch für zwölf Personen besteht einzig aus sieben Bohlen, die zusammengesteckt und mit vier Buchenholzkeilen gehalten werden. Keine Nägel, keine Beschläge. Selbst seine raue Oberfläche bleibt ungezähmt, ganz ohne Wachs, Öl oder Lack. Mehr Natürlichkeit geht nicht. Auch das Holz wird regional bezogen. „Der Tisch ist ein Tisch!“, schlicht und einfach gesagt und zwar vom Erfinder selbst. Keine Kunst, keine Verkünstelung, nichts Aufgezwungenes. Ein Tisch, der sich mit der Zeit verändern darf, der Patina bekommt und sich auch wölben darf. Authen-Tisch eben.
Ebenso archaisch und logisch, wie sich FELDMARK zusammenstecken und mit ein paar kräftigen Hammerschlägen fixieren lässt, ist auch seine Vorgeschichte. Der Anlass: die Pensionierung des Vaters. Die Idee: ein Fest. Die Frage: wohin mit den Gästen. Die Lösung: liegt auf dem Tisch, der heute nicht nur ein Partygast, sondern ein verlässlicher alltäglicher Begleiter in Küchen, Esszimmern und Büros ist.


Der konstruktivistische wie ästhetische Ursprung reicht jedoch noch etwas weiter zurück, um genau zu sein zwei Generationen. Denn als Vierjähriger entdeckte Roland Graf die Werkstatt seines verstorbenen Großvaters für sich. Ein wahres Ideenreich, denn jeden Schrank, jedes Möbelstück wie das gesamte Haus hatte der Großvater aus den eigenen, selbst gefällten Bäumen gezimmert. Ein natürlicher Kosmos, eine gewachsene Struktur. Und ein klares Vorbild. Denn schon die Bauernbank des Großvaters kam gänzlich ohne Nägel und Schrauben aus. Auch bei ihr erhöhen ausgestellte Beine, mittels Buchenkeilen fixiert, die Standfestigkeit. Ein tragendes Erbe. Dass er jedoch für die Tischfläche keine weitere Unterkonstruktion brauchte, fiel Roland Graf, der heute als Architekt und Medienkünstler mit seiner Familie in Kanada lebt, erst beim Handanlegen und Sägen auf. Auf dem Papier oder am Computer wäre er nie dahinter oder besser gesagt darunter gekommen. Umso besser, wenn man eine Werkstatt in Semmering hat, in der sich das Wesentliche finden lässt.
FELDMARK ZWO
Dieser Text ist ein Auszug aus dem im Frühjahr erscheinenden Buch "50 Jahre 50 Produkte – Designgeschichte(n) erzählt von MAGAZIN".


MAGAZIN1971
Das Buch zum MAGAZIN! 50 Jahre MAGAZIN reizt zu einem besonderen Blick auf Themen und Produkt, Geschichten und Aktualität. Gegründet 1971 in Stuttgart hat MAGAZIN Geschichte erlebt und geschrieben. Weggefährten und Zeitgenossen, Produktdesigner, Kunden und Liebhaber der Marke kommen mit ihrem Blick auf die Geschehnisse zu Wort. Eine Sammlung von Essays, z.B. von Sibylle Berg über „Schöner Wohnen“ und Maxim Biller zum Thema „Erinnerungen von Morgen“, trifft auf zeitgenössische Themen zum Produktdesign, Gestaltung und Einrichtung. Ergänzt um einen besonderen Blick auf 50 beispielhafte Produkte der MAGAZIN-Geschichte. Darunter Populäres und wenig Gesehenes, Highlights und Unscheinbares, den Lieblingsprodukten des MAGAZINS und deren Hintergrundgeschichten. 21x25 cm, 248 Seiten mit vielen s/w und farbigen Abbildungen, in Feinleinen Duchesse gebunden. Jetzt erhältlich.