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Du bist mir nicht Regal!

Du bist mir nicht Regal!

Das Regal macht einen Strukturwandel durch, vermutlich sogar eine Disruption. Denn bekanntlich gehen ihm die traditionellen Inhalte aus – Bücher, Platten und CDs, Videokassetten sind aus dem Wohnalltag verschwunden, werden körperlos digital und ihre alten Sammelstätten damit relativ nutzlos. Früher platzten Regale aus allen Nähten, allein die Brockhaus-Gesamtausgabe nahm ja schon ein paar Meter ein. VHS Videokassettenrücken waren so breit, dass Filmfreunde ständig in Garagen und Dachböden anbauen mussten. Ikonische Regal-Entwürfe wie von Rams, Moormann, Billy und Co. haben mittlerweile allesamt viele Jahrzehnte auf dem Regalrücken. Klar steht auch heute noch ein Regal im Zimmer, nur ist es nicht mehr vollgestopft und oft eher ein filigranes Gestaltungselement im Raum als ein Schwerlaster. Man könnte auch sagen: Das Regal darf endlich eine eigene Rolle spielen und muss nicht hinter seinen Inhalten zurücktreten.

Wichtig bleibt das Regal schon deshalb, weil viele sich vom Schreibtisch aus weltweit an Teams- und Zoom-Bildgesprächen beteiligen. Dabei kommt ihm eine neue, repräsentative Aufgabe zu: als Dekorationshintergrund. Was früher als Abzeichen von Wissen genügte – ein überladenes Gestell mit Erzeugnissen aus dem Hause Suhrkamp – wirkt heute in der Laptopkamera nur noch schlampig. Gefragt ist ein sichtlich von Hand kuratiertes Regal, in dem sich dezente Bücher-Restbestände mit kleinwüchsigen Designklassikern und kuriosen Fundstücken abwechseln, mit Kunst und Keramik, vielleicht auch noch einer kühnen Akkuleuchte, einem Paar Sneakers und hippen Zimmerpflanzen – dazwischen bedeutungsvoller Leerraum. Alles soll ganz zufällig und unarrangiert wirken, als wäre man eben einfach nur ein sehr interessanter Mensch. So ein repräsentatives Regal fordert aktive Beschäftigung – anders als die früheren Büchergräber, die jahrelang nicht mal abgestaubt wurden. Es lädt ständig dazu ein, neu zu assemblieren und die einzelnen Regalfächer noch appetitlicher zu gestalten. Jeder sein eigener Schaufensterdekorateur! Diese Arbeit ist sehr meditativ, quasi Ikebana mit Wohnaccessoires. Man zupft und verschiebt, ordnet farblich, setzt Störer und sortiert manches auch wieder aus. Dabei muss man gar nichts denken, Augen und Hände machen die beruhigende Arbeit von alleine. Und, oh Wunder, es ist die ideale Beschäftigung für langatmige Video­konferenzen. Nur die Kamera sollte man vorher ausschalten.

Text: Max Scharnigg
Illustration: Dirk Schmidt

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